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Noch Zehntausende Erdbeben-Opfer befürchtet

Unter den Tausenden eingestürzten Gebäuden im türkisch-syrischen Grenzgebiet sind vermutlich noch Zehntausende Erdbebenopfer zu befürchten. Bis Donnerstag wurden schon über 20.000 Tote gemeldet. Hinzu kommen um die 70.000 Verletzte in der Türkei und in Syrien. Nach mehr als drei Tagen und dem Richtwert von 72 Stunden, die ein Mensch eigentlich höchstens ohne Wasser auskommen kann, schwindet die Hoffnung auf weitere Überlebende.
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Spielzeug in den Trümmern eines Hauses in Syrien

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In Syrien wurden schon viele Opfer begraben

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Milliardenhilfe der Weltbank

Die Weltbank will der Türkei nach den verheerenden Erdbeben Unterstützung in Höhe von 1,78 Milliarden US-Dollar (1,66 Mrd. Euro) zur Verfügung stellen. Damit sollen die Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen vorangetrieben werden, wie die Weltbank am Donnerstag in Washington erklärte. Es sei außerdem eine rasche Schadensbewertung eingeleitet worden, um das Ausmaß der Katastrophe abzuschätzen und vorrangige Bereiche für die Unterstützung des Wiederaufbaus zu ermitteln.

Bei der Unterstützung handle es sich einerseits um 780 Millionen US-Dollar Soforthilfe, die aus zwei bestehenden Projekten in der Türkei bereitgestellt würden, hieß es weiter. An der Bereitstellung einer weiteren Milliarde US-Dollar werde gearbeitet. Es blieb zunächst unklar, ob es sich bei diesen Mitteln um Hilfsgelder oder einen Kredit handeln wird.

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Dammbruch nach Beben sorgt in Syrien für weitere Schäden

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Drei Kinder in Syrien gerettet

Retter in Syrien haben nach den schweren Erdbeben drei Kinder aus den Trümmern ihres Wohnhauses befreit. Die Mädchen Scham und Rama seien fünf und sieben Jahre alt, ihr Bruder etwas älter, berichteten die Weißhelme am Donnerstag. Nähere Details zu dem Buben nannten sie nicht. Die Mutter der Kinder konnte den Angaben nach am Mittwochabend nur noch tot geborgen werden. Der Vater habe überlebt, er befand sich während des Bebens nicht im Wohnhaus. Den Kindern geht es nach Angaben der Retter gesundheitlich gut. Wie lange genau sie unter den Trümmern ausharren mussten, war zunächst unklar. 
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Mehr als 20.000 Opfer bestätigt 

Die Zahl der Toten nach den Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist auf mehr als 20.000 gestiegen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad am Donnerstagabend berichtete, liegt die Zahl allein für die Türkei nun bei 17.134. Aus Syrien wurden zuletzt 3.317 Tote gemeldet. Unter den Tausenden eingestürzten Gebäuden sind aber vermutlich noch Zehntausende Erdbebenopfer zu befürchten.
simon l

Geschwister nach 82 Stunden gerettet

Einsatzkräfte haben zwei fünf und elf Jahre alte Brüder in der Südosttürkei dreieinhalb Tage nach dem Erdbeben aus den Trümmern gerettet. Beide Kinder seien ins Krankenhaus gebracht worden, berichtete der Sender NTV am Donnerstag. Auf Bildern war zu sehen, wie die Brüder in Wärmedecken gepackt und weggetragen wurden. Die Retter in der Provinz Kahramanmaras hätten zunächst Stimmen gehört und ihre Arbeiten dann auf das eingestürzte Gebäude konzentriert, unter dem die Brüder begraben waren.

Auch aus der Provinz Hatay gab es am Donnerstag gute Nachrichten: Drei Menschen wurden dort nach 84 Stunden unter den Trümmern lebend geborgen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.
simon l

Sechs Lkw mit Hilfsgütern in Syrien

Zur Unterstützung der nur schwer erreichbaren Erdbeben-Opfer in Nordwesten Syriens sind am Donnerstag sechs Lastwagen mit Hilfsgütern der Vereinten Nationen eingetroffen. Die Transporter seien aus der Türkei gestartet und hätten den einzigen noch offenen Grenzübergang Bab al-Hawa passiert, hieß es von den UN. Wegen Schäden an Straßen konnten Lastwagen Bab al-Hawa bisher nicht erreichen.
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Inzwischen konnten die Straßen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge aber teilweise wieder repariert werden. Der Grenzübergang Bab al-Hawa war schon vor dem Erdbeben eine Lebensader für rund 4,5 Millionen Menschen in Gebieten im Nordwesten des Landes, die nicht von der syrischen Regierung kontrolliert werden. 90 Prozent der Bevölkerung waren dort bereits vor der Katastrophe nach UN-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen. In der Region leben Millionen Menschen, die durch Kämpfe in Syrien vertrieben wurden. Zu ihrem Leid kommen unter anderem mangelhafte Ernährung, Cholera, kaltes Winterwetter und nun die Folgen der Erdbeben hinzu.
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simon l

Termin für Türkei-Wahl wackelt

Das Erdbeben lässt auch den Termin für die Wahlen in der Türkei im Mai wackeln. Der Unmut über das Katastrophenmanagement wächst, und es werden Zweifel laut, ob die Präsidenten- und Parlamentswahl überhaupt stattfinden kann. Ein Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte, sprach angesichts der Ausmaße des Bebens von "ersten Schwierigkeiten" für die im Mai geplanten Wahlen. Dies gilt als ein erster Hinweis, dass eine Verschiebung erwogen wird.
Recep Tayyip Erdogan in Kahramanmaras im Südosten der Türkei
Recep Tayyip Erdogan in Kahramanmaras im Südosten der Türkei. APA/AFP
"Es ist wirklich zu früh, um über die Wahl zu sprechen", sagte der Gewährsmann. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Wahltermin vorigen Monat festgelegt. Laut Meinungsumfragen, die noch vor dem Erdbeben veröffentlicht wurden, muss er sich auf seine bisher wohl härteste Wahlschlacht einstellen. Erdogans Popularität hat angesichts steigender Lebenshaltungskosten und der schwächelnden Landeswährung Lira bereits gelitten. Jetzt sieht er sich auch mit einer Welle der Kritik konfrontiert, wie seine Regierung auf das verheerendste Erdbeben in der Türkei seit 1999 reagiert hat.
Massive Zerstörungen in Kahramanmaras
Massive Zerstörungen in Kahramanmaras. APA/AFP
Unabhängig von den politischen Folgewirkungen der Katastrophe ist es eine große logistische Herausforderung, Wahlen in den betroffenen Gebieten abzuhalten. In der von den Beben betroffenen Region leben etwa 13 Millionen Menschen, und Hunderttausende sind obdachlos geworden, nachdem ihre Gebäude durch das Beben zerstört oder baufällig geworden sind.
simon l

Kirchen für Ende der Sanktionen

Der Rat der Kirchen im Nahen Osten (Middle East Council of Churches/MECC) und der Weltkirchenrat (ÖRK) drängen angesichts der Erdbebenkatastrophe zu einer Aufhebung der internationalen Sanktionen gegen Syrien. "Wir fordern die sofortige Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien und die Freigabe des Zugangs zu allen Materialien, damit die Sanktionen nicht zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden", heißt es laut Kathpress-Meldung vom Donnerstag in einer MECC-Erklärung.
Wir fordern die sofortige Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien und die Freigabe des Zugangs zu allen Materialien, damit die Sanktionen nicht zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden.
Rat der Kirchen im Nahen Osten
ÖRK-Generalsekretär Jerry Pillay versicherte dem MECC, dass der ÖRK mit seinem Aufruf solidarisch sei. "In einer Zeit der Katastrophe und Krise von solchem Ausmaß müssen wir alle zusammenstehen und den Leidenden, den Verletzten und den Familien, die Angehörige, Eigentum und Besitz verloren haben, die nötige Hilfe leisten. Lasst uns alles tun, was wir können, um zu helfen!", so Pillay wörtlich.
simon l

Spendensammlung im kurdischen Arbil in Nordirak

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Raphael Gruber

Experte rechnet mit schlimmstenfalls 67.000 Toten

Die Zahl der Toten nach der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien könnte nach Einschätzung von Fachleuten erheblich steigen. "Schnelle Hochrechnungen auf Basis empirischer Schadensmodelle lassen zwischen 11.800 bis rund 67.000 Todesopfer erwarten", erklärte Andreas Schäfer vom Geophysikalischen Institut am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft, am Donnerstag. Das werde unter anderem aus historischen Vergleichen, aktuellen Daten zu Gebäudeinfrastruktur und zur Bevölkerung sowie Faktoren wie der Tageszeit berechnet.

Die Erdbeben dürften demnach wahrscheinlich zu den 20 tödlichsten Erdbeben weltweit seit 1900 gehören, teilte das KIT mit. Schon 11 der 100 tödlichsten Erdbeben seitdem hätten sich in der Türkei ereignet
Raphael Gruber

Thinktank: Erdogans Wiederwahl von Krisenmanagement abhängig

Eine wirksame Nothilfe könnte den Staatschef und seine Partei, die AKP, stärken, indem sie ein Gefühl der nationalen Solidarität auslöst. Wenn die Reaktion auf das Erdbeben nicht erfolgreich ist, könnte Erdogan die Wahlen im Mai verlieren.
Thinktank Foreign Policy Centre
Raphael Gruber

Ausländische Hilfe in Syrien angekommen

Die syrische Regierung erhält nach dem schweren Erdbeben trotz ihrer politischen Isolation weiterhin viel internationale Hilfe. Am Donnerstag seien mit Hilfsgütern beladene Flugzeuge aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), dem Iran und dem Oman in Damaskus gelandet, meldete die syrische Staatsagentur Sana. Weitere Lieferungen aus den Ländern würden erwartet. Auch aus Libyen und Algerien sei Hilfe eingetroffen. Weiterhin hätten Russland, Armenien, Indien und China Hilfsgüter geschickt.

Die VAE hatten schon am Mittwoch Hilfe in Höhe von 50 Millionen US-Dollar (46,5 Millionen Euro) zugesagt. Die Türkei soll denselben Betrag erhalten. Der Golfstaat will nach Angaben von Syriens Außenministerium auch ein Rettungsteam in das Bürgerkriegsland entsenden.