Michelle Hirschbeck

Van der Bellen in der Ukraine

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist am Mittwoch in Kiew eingetroffen. Neben dem Besuch von Hilfsprojekten mit österreichischer Beteiligung traf Van der Bellen im Vorfeld des für Freitag geplanten EU-Ukraine Gipfels auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die Reise in die von Russland angegriffene Ukraine solle eines klar signalisieren, meinte Van der Bellen: "Wir stehen an der Seite der Ukraine, wir lassen sie nicht im Stich." Nach einem Besuch bei einem Hilfsprojekt in Uschhorod am Donnerstag ging es über die Slowakei zurück nach Österreich.
Antonia

Letzter offizieller Programmpunkt der Reise: Besuch bei Hilfsprojekt in Uschhorod

Es war vor allem ein Besuch mit Symbolkraft, den Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Donnerstag in der von Russland angegriffenen Ukraine beendete. Dass Van der Bellen kurz nach seiner zweiten Angelobung Kiew aufsuchte, galt als Zeichen der Solidarität. Zum Schluss stand am Donnerstag ein Lokalaugenschein bei einem vom Österreichischen Roten Kreuz (ÖRK) unterstützen Hilfsprojekt in Uschhorod im Dreiländereck zwischen der Ukraine, der Slowakei und Ungarn auf dem Programm.

In Uschhorod, der Hauptstadt des Oblast Transkarpatien, unterstützt das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) eine Gesundheitseinrichtung des ukrainischen Roten Kreuzes (URCS). Zur Unterstützung des lokalen medizinischen Systems wurden etwa drei Minikliniken und acht mobile Sanitätsbrigaden geschaffen. Dazu wurde auch drei Rettungsautos aus Österreich geliefert, erkläre Klinikleiterin Ludmila Sorokina bei einem Lokalaugenschein. Der Bundespräsident bewies Blick fürs Detail. Dieser Wagen komme aus dem Burgenland, merkte er an und zeigte auf das ukrainische Kennzeichen. Rundherum war noch die Werbung einer KFZ-Werkstatt aus Güssing erkennbar. 
APA/Schütz
APA/Schütz
Ein aus dem Burgenland stammendes Rettungsauto.
Ein aus dem Burgenland stammendes Rettungsauto. APA/Schütz
Van der Bellen lobte das Rote Kreuz für seine rasche Einsatzbereitschaft vor einem Jahr. Der Krieg habe am 24. Februar begonnen, das Rote Kreuz sei im März bereits hier im Einsatz gewesen. "Gratuliere! Die Organisationsfähigkeit des Roten Kreuzes über die Grenzen hinweg ist beeindruckend."

Der Generalsekretär des ÖRK, Michael Opriesnig, erklärte: "Dieses Projekt ist ein wunderbares Beispiel für den gesamten Umfang unserer Dienstleistungen, die wir hier anbieten."

Unter anderem entstanden Überwinterungsmöglichkeiten für Menschen, die zuvor Substandard-Unterkünften leben mussten. Eine spezielle Zielgruppe waren dabei Binnenflüchtlinge, die auf Notschlafstätten angewiesen waren. Zudem wurden häusliche Pflegeaktivitäten gefördert, weil es da vor allem bezüglich der älteren Bevölkerung Lücken im ukrainischen Sozialsystem gebe, wie es hieß. 
Ich finde es wichtig, dass wir sichtbar die Ukraine unterstützen, im medizinischen Bereich in simplen Sachen wie Lieferung von Krankenwagen, Feuerwehrautos im Schulbereich, in Renovierungen.
Alexander Van der Bellen
APA/Schütz
Die humanitäre Hilfe, die Österreich der Ukraine geben könne, war auch ein Hauptthema der symbolträchtigen Visite von Van der Bellen am Mittwoch in der ukrainischen Hauptstadt gewesen, wo er auch mit Präsident Wolodymyr Selenskyj zusammentraf. Dass dieser mit ständigen Forderungen nach Waffen, die Lage auch eskalieren lassen könnte, stellte Van der Bellen hernach in Abrede. "Es wurde schon genug eskaliert, aber doch wohl von russischer Seite. Die sinnlose Bombardierung, die wir besichtigt haben, in den Vororten praktisch von Kiew, das waren ja keine militärischen Ziele, das war sinnloses Zerstören", sagte Van der Bellen, der am Vortag die von russischen Angriffen gezeichneten Städte Butscha und Borodjanka im Umfeld von Kiew besucht.

In Beisein von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) unterstrich der Bundespräsident, dass Österreich pro Kopf zu den größten Gebern für die Ukraine zähle. Sowohl aus staatlichen Mitteln, als auch durch die Spendenbereitschaft der Zivilbevölkerung. "Wir unterstützen die ukrainische Bevölkerung mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen", zog Van der Bellen Bilanz. "Seit Kriegsbeginn wurden 118 Mio. Euro staatliche Hilfe zur Verfügung gestellt." Dazu seien allein über die Spendenaktion "Nachbar in Not" bisher über 55 Millionen Euro zusammengekommen.
Index
https://uvp-apamultimedia.sf.apa.at/embed/a0b3e3c0-a09b-4ec1-a6e…
uvp-apamultimedia.sf.apa.at
Antonia

Eindrücke aus Uschhorod

Die letzte Station von der Reise des Bundespräsidenten in der Ukraine ist Uschhorod an der slowakischen Grenze.
Die Christus-Erlöser-Kathedrale in Uschhorod.
Die Christus-Erlöser-Kathedrale in Uschhorod. APA/Schütz
APA/Schütz
Ein Trachtengeschäft in der Stadt.
Ein Trachtengeschäft in der Stadt. APA/Schütz
Die Kreuzerhöhungskathedrale in Uschhorod.
Die Kreuzerhöhungskathedrale in Uschhorod. APA/Schütz
APA/Schütz
APA/Schütz
Vom Krieg ist in der Stadt an sich nichts zu bemerken. Der Strom dürfte jedoch knapp sein, in der Altstadt laufen überall Generatoren.
APA/Schütz
Nick Wolfinger

Eher bescheidenes Medienecho in der Ukraine

Lokale Medien haben dem Ukraine-Besuch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Mittwoch keinen allzu hohen Stellenwert eingeräumt. Über die Reise sowie einzelne Aussagen Van der Bellens bei einer Pressekonferenz mit Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde zwar kurz berichtet. Für die wichtigste Schlagzeile vom gemeinsamen Auftritt sorgte jedoch Selenskyjs Kritik an den Haftbedingungen für den georgischen Ex-Präsidenten Micheil Saakaschwili in Georgien.

In seiner Beantwortung auf die Frage eines österreichischen Journalisten zu den ukrainischen Erwartungen über Hilfe aus Österreich hatte der ukrainische Präsident unerwartet ein großes Kuvert geöffnet, in dem sich Fotos des in einem sichtlich sehr schlechten körperlichen Zustand befindlichen Saakaschwili befanden. "Vor meinem Treffen mit dem Herrn Präsidenten hat man mir Fotografien unseres ukrainischen Staatsbürgers, er war einmal Präsidenten von Georgien, überreicht", sagte Selenskyj und warf der georgischen Regierung vor, Saakaschwili umzubringen.

Kurz referiert wurden freilich auch Aussagen Van der Bellens von der Pressekonferenz. Nachdem die österreichische und ungarische Weigerung, Waffen an die Ukraine zu liefern, am Vormittag für Diskussion gesorgt hatte, erwähnte das Online-Medium lb.ua diesbezügliche Erläuterungen des Bundespräsidenten, der auf die in der in Verfassung verankerte Neutralität verwies. Aber es gebe auch ein anderes Problem, zitierte das Onlinemedium Van der Bellen: "Wir haben in Österreich jahrzehntelang unsere militärische Bewaffnung vernachlässigt und sehen deshalb auch keine Möglichkeit, dass wir etwas liefern können."

Zitiert wurde etwa von suspilne.media aber auch Van der Bellens Sichtweise des Krieges: Russland stelle die Ukraine als russische Provinz dar und drohe die Ukrainer umzubringen, wenn sie damit nicht einverstanden wären: "Eine Ende des Krieges können wir einstweilen noch nicht absehen", zitierte die Onlineplattform des öffentlich-rechtlichen Fernsehens Suspilne.
APA/AFP
Nick Wolfinger

Übergabe von Stromgeneratoren an ein Krankenhaus in Kiew

Franz Spiegelfeld

Van der Bellen beim Besuch der Sophienkathedrale

Die Sophienkathedrale ist Teil des UNESCO-Weltkulturerbes und gilt als "Perle der Ukraine". Erbaut wurde die Kirche ursprünglich als siebenkuppelige fünfschiffige Kreuzkirche mit offener Galerie und einem markanten Glockenturm nach Vorbild der Hagia Sophia in Konstantinopel. Als Errichter gilt Jaroslaw I. der Weise, der dreimalige Großfürst von Nowgorod und Kiew. Der sie umgebende religiöse Bezirk diente früher als geistiges, politisches und kulturelles Zentrum des orthodoxen Christentums.
APA/ROLAND SCHLAGER
APA/ROLAND SCHLAGER
Franz Spiegelfeld

Van der Bellen sichert Ukraine Unterstützung zu

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymr Selenskyj sagte Alexander Van der Bellen der Ukraine weitere Unterstützung und Solidarität zu. Österreich sei zwar militärisch neutral, aber nicht wertneutral. Selenskyj bedankte sich für die humanitäre Hilfe Österreichs, übte aber auch Kritik.

So sei es inakzeptabel, dass Raiffeisen International (RBI) Soldaten in Russland Kreditstundungen gewähre, erklärte der ukrainische Präsident. Es sei wichtig gewesen, dass der Bundespräsident bei seinen Besuchen in Butscha und Borodjanka mit eigenen Augen gesehen habe, welche Zerstörungen und welches Leid die russischen Aggressoren in der Ukraine verursacht haben. Es müsse stärkere Sanktionen gegen Russland als Aggressor geben, forderte Selenskyj.
APA/ROLAND SCHLAGER
Man kann nicht neutral bleiben, wenn Menschen ums Leben kommen.
Wolodymr Selenskyj
Selenskyj dankte für die humanitäre Hilfe Österreichs. Dennoch könnte sein Land auch andere Produkte, etwa zur Drohnenabwehr, benötigen. Außerdem könnte Österreich Hilfe bei der Entminung leisten. Immer noch würden in seinem Land Menschen bei der Explosion von Minen ums Leben kommen, die von den Russen gelegt worden seien, sagte Selenskyj. Van der Bellen erklärte infolge gegenüber österreichischen Journalisten, er denke nicht, dass eine Beteiligung des Bundesheers an der Entminung in einem Kriegsgebiet mit der Neutralität vereinbar sei.

Van der Bellen erklärte, das ukrainische Volk verteidige nicht nur sich selbst, sondern auch die europäischen Werte. Daher stehe Österreich an seiner Seite: "Das sind gemeinsame europäische Werte, das geht uns alle an." Der Bundespräsident erinnerte auch daran, dass er Selenskyj im Jahr 2020 in Wien empfange habe. Seither sei die Welt eine andere, "der schreckliche Angriffskrieg hat alles verändert." Perspektiven auf ein rasches Ende Konflikts sah Van der Bellen nach dem Gespräch mit Selenskyj nicht. Er sehe keine Friedenstauben am Horizont, so der Bundespräsident.
APA/ROLAND SCHLAGER
Vor seinem Treffen mit Selenskyj besuchte Van der Bellen in der Umgebung von Kiew gemeinsam mit Vertretern der Caritas, des Roten Kreuzes, des Gemeindebunds und der Volkshilfe Hilfsprojekte, die von diesen Organisationen unterstützt werden. So gab es einen Lokalaugenschein in einer Schule in Butscha und einer Geburtsklinik in Kiew, die mit österreichischer Hilfe saniert wurden bzw. in Betrieb gehalten werden. Die österreichische Delegation reise auch mit konkreten Hilfen im Gepäck an, wurde zudem betont. Darunter seien "etwa dringend benötigte Generatoren oder Materialien für den Bau von 200 Häusern", die vom Wienerberger-Konzern zur Verfügung gestellt wurden.

Von der mitreisenden Energie- und Klimaschutzministerin Gewessler werden zudem weitere fünf Mio. Euro für den "Ukraine Energy Support Fund" zum Wiederaufbau beschädigter Energieinfrastruktur bereitgestellt. Insgesamt habe Österreich damit bereits zehn Millionen Euro für den Fund beigesteuert, betonte Gewessler und nannte die Beweggründe: "Millionen Menschen sind bei eisigen Temperaturen ohne Strom und oftmals ohne Heizung und Wasserversorgung. Es ist mir wichtig, dass Österreich hier einen Beitrag zur Unterstützung der ukrainischen Zivilbevölkerung leistet."
Der brutale Krieg in der Ukraine entzieht den Menschen vor Ort die Lebensgrundlage - sauberes Wasser, fruchtbare Böden, gesunde Wälder, als das wird ganz gezielt von Putins Truppen vernichtet.
Leonore Gewessler, Klimaschutzministerin
Wirtschaftsminister Martin Kocher erinnerte daran, dass Österreich vor Kriegsbeginn der sechstgrößte Investor in der Ukraine und mit über 200 Unternehmen vertreten gewesen sei. "Ein Großteil ist nach wie vor am ukrainischen Markt tätig, kriegsbedingt aber mit großen Herausforderungen konfrontiert." 
Franz Spiegelfeld

Auch Gewessler sichert Ukraine weitere Hilfe zu

Franz Spiegelfeld

Österreich hilft auch den Vertriebenen

Rund 90.000 Flüchtlinge aus der Ukraine haben in Österreich Schutz gefunden, sagt Van der Bellen in diesem Video.
Franz Spiegelfeld

Van der Bellen in Butscha: Spuren der Gräuel und Zeichen der Hoffnung

Index
https://uvp-apamultimedia.sf.apa.at/embed/05aedbd2-ed70-4b59-a23…
uvp-apamultimedia.sf.apa.at
Franz Spiegelfeld

EU will weitere 15.000 ukrainische Soldaten ausbilden

Der Umfang der aktuellen EU-Ausbildungsmission für die ukrainischen Streitkräfte soll verdoppelt werden. Als neues Ziel sei vorgesehen, 30.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in EU-Staaten auszubilden, teilten mehrere EU-Beamte in Brüssel mit. Bisher war das Ziel, rund 15.000 Soldaten zu trainieren.

Die Deutsche Bundeswehr bietet im Rahmen der EU-Mission unter anderem eine Gefechtsausbildung für Kompanien sowie Taktikübungen für einen Brigadestab und die untergeordneten Bataillonsstäbe an. Außerdem beinhaltet das deutsche Angebot ein Training für Trainer, Sanitätsausbildungen und Waffensystemschulungen in enger Kooperation mit der Industrie.
Franz Spiegelfeld

Eindrücke vom Treffen mit Selenskyj

APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER
APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER
APA/ROLAND SCHLAGER
Michelle Hirschbeck

Denkmal des ukrainischen Nationaldichters Taras Schewtschenko (1814-1861)

Von Russen schwer beschädigt, u.a. mit Kopfschuss…
APA/Schütz
Michelle Hirschbeck

Bundespräsidenten-Delegation gut bewacht in Borodjanka

APA/Schütz
Michelle Hirschbeck

Das war einmal EIN Haus

APA/Schütz